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29.09.2021

Neues Unterrichtsmodul zur Weimarer Republik auf dem Landesbildungsserver Baden-Württemberg

Einweihung des Rathauses Sigmaringen im Januar 1927
Bei der Einweihung des neuen Sigmaringer Rathauses am 9. Januar 1927 kam es zum Eklat: Wilhelm Fürst von Hohenzollern boykottierte die Feier und erschien demonstrativ erst nach dem Ende des Festaktes. Das Rathaus zeigte sich an diesem Tag beflaggt mit den Farben der Republik (Mitte), der Hohenzollern (links) und der Stadt (rechts).
Vorlage: Landesarchiv Baden-Württemberg, Staatsarchiv Sigmaringen

"Frage der Etikette" oder "Kampf um die Republik"? Ein Unterrichtsmodul zum Konflikt zwischen den Sigmaringer Regierungspräsidenten und dem Haus Hohenzollern in der Weimarer Republik ist auf dem Landesbildungsserver Baden-Württemberg online gegangen.

Studiendirektor Markus Fiederer, der Leiter des Arbeitskreises Landeskunde/Landesgeschichte und Fachberater Unterrichtsentwicklung für das Fach Geschichte an der Regionalstelle Tübingen des Zentrums für Schulqualität und Lehrerbildung Baden-Württemberg thematisiert mit seinen Unterrichtsmaterialien den jahrelang ausgetragenen Konflikt zwischen den Regierungspräsidenten des preußischen Regierungsbezirks Sigmaringen und dem Haus Hohenzollern. Das Beispiel aus Sigmaringen veranschaulicht, wie schwierig es für die Repräsentanten der noch jungen Republik war, die Autorität des demokratischen Staates, insbesondere den republikanischen Gleichheitsgrundsatz gegenüber den alten Eliten aus Adel, Bürokratie und Militär durchzusetzen.

Die Auseinandersetzung zwischen den preußischen Regierungspräsidenten Emil Belzer und Alfons Scherer einerseits und den Chefs des Hauses Hohenzollern, Wilhelm und Friedrich Viktor von Hohenzollern, andererseits war weit mehr als ein "Titelstreit". Der Konflikt um Adelstitel und Adelsprädikate, um die Eindämmung der protokollarischen, vor allem aber der gesellschaftlichen Sonderstellung der Hohenzollern war ein Kampf um die Durchsetzung republikanischer Grundprinzipien, letztlich der republikanischen Autorität überhaupt gegenüber dem Adelshaus, aber auch gegenüber Teilen der Beamtenschaft und des konservativen Bürgertums. Die starke Resonanz der Auseinandersetzung in der Presse lässt ein Grundproblem der Weimarer Republik erkennen: die Unversöhnlichkeit der politischen Lager bzw. Milieus – von den Kommunisten über die Sozialdemokraten, Liberalen, Zentrumsanhänger und Deutschnationalen bis hin zu den Nationalsozialisten. Die Versetzung des Regierungspräsidenten Alfons Scherer in den einstweiligen Ruhestand durch den preußischen Innenminister Carl Severing (SPD) im Jahre 1931 verdeutlicht schließlich nicht nur die Erfolglosigkeit der Staatsrepräsentanten bei ihren Anstrengungen, sich gegenüber aristokratischen Grundüberzeugungen durchzusetzen. Sie kann auch als Zeichen für die Tendenzen der „ungeliebten Republik“ zur Selbstaufgabe in ihrer Endphase gedeutet werden. Im Sinne der Demokratiebildung soll das Modul das Bewusstsein dafür schärfen, dass eine erfolgreiche Republik nicht nur funktionierender demokratischer Strukturen, sondern auch der gesellschaftlichen Tiefenstruktur republikanischer Grundüberzeugungen bedarf.

Eine wesentliche Grundlage für das neue Unterrichtsmodul bilden die über Themenmodul "Von der Monarchie zur Republik" in LEO-BW zugänglichen Dokumente zur Demokratiegeschichte.