Unterlagen zur Verfolgung von Juden im Nationalsozialismus finden sich in allen Archivabteilungen des Landesarchivs. Grundsätzlich ist jedes Archiv für die historische Überlieferung zuständig, die in einer bestimmten Region entstanden ist (Zuständigkeit der Archivabteilungen). Schauen Sie zunächst, zu welchem Thema Sie recherchieren möchten, auf welcher Verwaltungsebene Unterlagen dazu angefallen sein könnten und in welchem Archiv sich die Unterlagen befinden, um dann im zweiten Schritt in den jeweiligen Beständen zu recherchieren.
Wiedergutmachungsakten
Die zentrale Überlieferung zur Erforschung einzelner Schicksale stellen die sogenannten Wiedergutmachungsakten dar. Diese enthalten nicht nur Schriftwechsel aus der Nachkriegszeit, sondern in vielen Fällen auch Dokumente aus der Zeit vor 1945. Die Akten befinden sich in den Sprengelarchiven. Die Dokumentation der KLA–Arbeitsgruppe Wiedergutmachung gibt Aufschluss darüber, welches Archiv welche Unterlagen verwahrt.
Unterlagen der Vermögenskontrolle
Auch die Unterlagen der Vermögenskontrolle zählen zu den zentralen Überlieferungen. Diese befinden sich bis zur Gründung des Landes Baden–Württemberg in den jeweiligen Archiven
(Württemberg-Hohenzollern: Staatsarchiv Sigmaringen Wü 120 T3 und Wü 120 T4; Württemberg-Baden: Staatsarchiv Ludwigsburg EL 402/0 - EL 402/31; (Süd-)Baden: Staatsarchiv Freiburg F 202).
Im Zuge der Bildung des Landes Baden–Württemberg wechselte die Zuständigkeit zur Oberfinanzdirektion Stuttgart. Die Unterlagen der Oberfinanzdirektion Stuttgart befinden sich im Staatsarchiv Ludwigsburg in den Beständen EL 400 – 404.
Eng mit diesem Bereich sind die Restitutionsverfahren verbunden. Diese Unterlagen befinden sich in den Beständen der jeweiligen Amts– und Landgerichte.
Dokumentationsstelle zur Erforschung der Schicksale der jüdischen Bürger Baden-Württembergs während der nationalsozialistischen Verfolgungszeit
Eine weitere Überlieferung über die Verfolgung von Juden im Nationalsozialismus sind die Unterlagen der Dokumentationsstelle zur Erforschung der Schicksale der jüdischen Bürger Baden–Württembergs während der nationalsozialistischen Verfolgungszeit 1933–1945 im Hauptstaatsarchiv Stuttgart. Der Bestand der Dokumentationsstelle umfasst eine Fülle von Dokumentationsmaterial, welches in den Jahren 1962–1968 zusammengestellt wurde. Es enthält Erhebungsbögen und Karteien zu den jüdischen Einzelschicksalen, zur Geschichte jüdischer Gemeinden und Organisationen, statistisches Material, Erlebnisberichte, Bilder, Kopien von Dokumenten zur Judenverfolgung 1933 – 1945, Zeitungsartikel, Literaturangaben und –hinweise usw. einschließlich der Korrespondenz der Dokumentationsstelle mit den Behörden des Landes.
Aus diesen Unterlagen sind folgende Veröffentlichungen entstanden, die hilfreich für eine erste Orientierung sind:
- Dokumente über die Verfolgung der jüdischen Bürger in Baden–Württemberg durch das Nationalsozialistische Regime 1933–1945, Band 1 und 2 (Veröffentlichungen der Staatlichen Archivdirektion Baden–Württemberg 16 und 17). Stuttgart 1966.
- Paul Sauer, Die Schicksale der jüdischen Bürger Baden–Württembergs während der nationalsozialistischen Verfolgungszeit 1933–1945 (Veröffentlichungen der Staatlichen Archivdirektion Baden–Württemberg 20). Stuttgart 1968.
- Die Opfer der nationalsozialistischen Judenverfolgung in Baden–Württemberg. Ein Gedenkbuch. Hrsg. von der Archivdirektion Stuttgart (Veröffentlichungen der Staatlichen Archivdirektion Baden–Württemberg. Beiband zu Band 20). Stuttgart 1969.
Unterlagen der Zentralbehörden und des Landtags von Württemberg als Dokumentation der oberen politischen Ebene befinden sich im Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Unterlagen der Zentralbehörden und des Landtags von Baden im Generallandesarchiv Karlsruhe. Einschlägig sind für Württemberg besonders die Bestände des Staatsministeriums und des Innenministeriums. Für Baden enthalten die Bestände "Arisierung" des Finanzministeriums und die Bestände des Justizministeriums wichtige Unterlagen. Hier finden sich beispielsweise Unterlagen zur allgemeinen Rechtspflege, zur Durchführung des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums oder zur Staatsangehörigkeit.
Unterlagen der unteren und mittleren Behörden befinden sich in den Archiven in Karlsruhe, Freiburg, Sigmaringen und Ludwigsburg. Die Unterlagen spiegeln die Umsetzung der politischen Entscheidungen in der alltäglichen Lebenswelt wieder. Sie zeigen auf, wie Vorschriften der politisch höheren Ebenen vor Ort umgesetzt wurden, beispielsweise in Fallakten der Polizei oder in den Unterlagen der Bezirksämter (Online-Findmittel-System).
Welche Unterlagen können Sie in anderen Archiven einsehen?
Die Zentrale Stelle (ZSt) zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen verwahrt eine Dokumentensammlung mit amtlichem Schriftgut verschiedener Provenienzen aus der NS–Zeit, Hunderttausende Aussageprotokolle von Beschuldigten, Zeugen und Opfern sowie eine umfassende Sammlung von Anklage– und Urteilsschriften.
Unterlagen zur Verwaltung des Dritten Reiches und zur Reichsebene wie auch von zentralen Organisationen, beispielsweise die Mitgliederkartei der NSDAP oder Unterlagen der DAF, finden sich im Bundesarchiv.