1933 - Die Ereignisse an der Wende
Antijüdische Hetzparolen
Ende Januar 1932 veröffentlichte die Mannheimer NS-Zeitung Hakenkreuzbanner einen antijüdischen Hetzartikel, der an zynischer Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig ließ:
Wir werden nicht ruhen und rasten zu trommeln, bis auch der letzte deutsche Volksgenosse im Juden den Todbringer des Volkes und Staates erkannt hat. Jetzt handelt ihr noch! Morgen werden wir handeln.
Machtübernahme der Nationalsozialisten in Baden
Das "Morgen" in der nationalsozialistischen Zeitrechnung begann in Baden am 11. März 1933. An diesem Tag übernahm in einem "privaten Staatsstreich" der von Hitler ernannte Reichskommissar (seit 5. Mai 1933 Reichsstatthalter) und Gauleiter Robert Wagner die Regierungsgewalt, die ihn und seine Gesinnungsgenossen in die Lage versetzte, den früheren Worten brutale Taten folgen zu lassen.
Artikel aus der Zeitung "Der Führer" zur Ernennung Robert Wagners hier zum Download:
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Der Führer Ernennung Wagner Zeitungsartikel
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Staatsterror gegen Andersdenkende und Minderheiten, insbesondere die Juden
Der anschließend praktizierte Staatsterror richtete sich zum einen gegen die republiktreuen politischen Widersacher der neuen Herren, die zum Beispiel wie führende Sozialdemokraten eine qualvolle Haft im Konzentrationslager Kislau erdulden mußten. Sogleich mit der "deutschen Erhebung Badens" setzte zum anderen die Verfolgung des jüdischen Bevölkerungsteils ein zunächst mit dem Ziel der beruflichen Diskriminierung, der ökonomischen Schädigung und der bürgerlichen Entrechtung des "Rassenfeindes".
Nach völlig willkürlichen, von Parteistellen inszenierten und hauptsächlich von SA-Aktivisten durchgeführten Boykottmaßnahmen gegen Geschäfte, Praxen und Kanzleien von Juden schuf die Hitlerregierung am 7.April 1933 die ersten formalen "Rechtsgrundlagen" zur Ausschaltung der jüdischen Bürger aus der neuen "Volksgemeinschaft". Neben den Beamten und Ärzten waren davon die Rechtsanwälte, die "nichtarischer Abstammung" waren, betroffen.
Berufsverbot für jüdische Rechtsanwälte - das Gesetz über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft vom 7. April 1933
Dieses Reichsgesetz ermächtigte im Sinne einer sogenannten Kann-Vorschrift die Behörden, Rechtsanwälten "nichtarischer Abstammung" die Zulassung zu den Gerichten zu entziehen. Ausgenommen waren diejenigen, die bereits seit dem 1. August 1914 ihren Beruf ausübten, "im Weltkrieg an der Front für das Deutsche Reich oder für seine Verbündeten" gekämpft hatten oder deren Väter oder Söhne gefallen waren.
Das Gesetz über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft können Sie hier inkl. Transkription downloaden:
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Gesetz über Zulassung zur Rechtsanwaltschaft vom 7. April 1933
Gesetz_über_Zulassung_zur_Rechtsanwaltschaft_inklTranskription.pdf (pdf/201.77 kB)
Viele Mannheimer Anwälte sind betroffen - unter anderem Florian Waldeck
Allein in Mannheim wurden 73 Anwälte Opfer der nationalsozialistischen Rassenpolitik. Einer dieser Anwälte war Florian Waldeck.
Mit der Errichtung der deutschen Diktatur verlor Waldeck nicht nur seine politischen Ämter, auch die Basis der materiellen Existenz des Teilnehmers am Ersten Weltkrieg war nunmehr in höchstem Maße gefährdet.