Virtuelle Ausstellung des Hauptstaatsarchivs Stuttgart
Siegel - mittelalterliche Kleinodien
Mehrseitiger Artikel
Kapitel 2a: Die Siegel des Hauses Württemberg
Der Siegelentwicklung über Generationen hinweg wird am Beispiel des Hauses Württemberg nachgegangen. Die Angehörigen des Hauses begannen als Herren. Später wurden sie zu Grafen, dann Herzögen, Kurfürsten und schließlich zu Königen erhoben. Der Aufstieg führte zu zahlreichen Änderungen im Siegel. Der Grundtyp blieb aber gleich. Die Württemberger führten fast ausnahmslos ein Wappensiegel, dessen zentraler Bestandteil drei übereinander liegende Hirschstangen waren. Einzelne Herrschaftserwerbungen wurden mit ihren Wappen ergänzt, bis schließlich das Siegel barock überladen ausfiel angesichts der Vielzahl der hinzugefügten Teilwappen. Eine Vereinfachung wurde zu Beginn des
19. Jahrhunderts durchgeführt.
Das Lacksiegel zeigt das Wappen des Herzogtums Württemberg unter Herzog Friedrich I. (1557-1608, reg. 1593-1608) als Vollwappen, also mit den Helmen, Helmzierden und Helmdecken. Mit der Erhebung der Grafschaft Württemberg im Jahre 1495 zum Herzogtum ging eine sog. Wappenvermehrung einher. Das Wappen wird wie folgt beschrieben: Schild geviert (quadriert). 1: In Gold drei schwarze liegende Hirschstangen (Stammwappen des Hauses Württemberg). 2: Von Gold und Schwarz schräg gerautet (Das Wappen der Herzöge von Teck, die sog. Teck’schen Rauten). 3: In Blau an roter Stange ein goldenes Banner mit einem schwarzen einköpfigen Adler (Reichssturmfahne). 4: In Rot zwei pfahlweise abgekehrte goldene Barben (Wappen der Grafschaft Mömpelgard). Auch auf diesem Siegel sind die Tinkturen (Farben und Metalle) des Wappens nicht erkennbar.
Gegenüber dem vorigen Wappen wurden bei der Erhebung Württembergs zum Herzogtum 1495 die Wappen mit der Reichssturmfahne (Feld 3) und der 1439 im Mannesstamm erloschenen Herzöge von Teck (Feld 2) aufgenommen. Die Reichssturmfahne war seit Hartmann (I.) von Grüningen 1252 mit der Reichsstadt bzw. dem Lehen Markgröningen verbunden. Als 1336 Graf Ulrich III. von Württemberg (zwischen 1286 und 1291 bis 1344, reg. 1325-1344) Markgröningen kaufte, ging auch die Reichssturmfahne an das Haus Württemberg. Mit der Reichssturmfahne war auch das Amt des Reichsbannerträgers verbunden.
Das Siegel Herzog Friedrich Eugens von Württemberg (1732-1797, reg. 1795-1797) zeigt das im Jahre 1789 unter Herzog Carl Eugen (1728-1793, 1737-1744 unter Vormundschaft, reg. 1744-1793) neu eingeführte Wappen des Herzogtums Württemberg. Es sind folgende Felder dargestellt: Zweimal gespalten und zweimal geteilt und mit einem Herzschild belegt, darin das Stammwappen des Hauses Württemberg. 1: die Teck’schen Rauten, 2: die Reichssturmfahne, 3: Wappen der Grafschaft Mömpelgard, 4: Schild geviert. 1 und 4: In Rot vier silberne Spitzen, 2 und 3: In Blau fünf silberne Streitkolben (3 : 2) (Wappen der Herrschaft Limpurg). 5: Wappen der Herrschaft Heidenheim. 6: In Blau ein silberner schrägrechter Astbalken (Wappen der Herrschaft Justingen). Die Tinkturen (Farben und Metalle) des Wappens sind auf diesem Siegel ebenso nicht sichtbar. In das Wappen Württembergs wurden 1789 die Wappen der 1751 von den Herren von Freyberg erworbenen Herrschaft Justingen und der 1780-1782 an Württemberg gelangten Grafschaft Limpurg aufgenommen.
Diese Siegelabdrücke zeigen das Wappen des Königreichs Württemberg in dem Zeitraum 1806 bis 1817, wie es von dem ersten württembergischen König Friedrich I. (1754-1816, reg. 1797-1803 als Herzog Friedrich II., 1803-1805 als Kurfürst, 1806-1816 König) geführt wurde. Auch Friedrichs Sohn und Nachfolger, König Wilhelm I. von Württemberg (1781-1864, reg. 1816-1864), führte zu Beginn seiner Regentschaft dieses komplizierte Wappen. Die Blasonierung bzw. Beschreibung der einzelnen Felder lautet: Der Hauptschild ist dreimal geteilt sowie einmal in den oberen Reihen gespalten, in der untersten Reihe fünfmal gespalten und mit einem bekrönten und gespaltenen Herzschild belegt.
In dem gespaltenen Herzschild sind abgebildet: Vorne (heraldisch rechts bzw. links vom Beschauer): In Gold drei schwarze liegende Hirschstangen (Stammwappen des Hauses Württemberg). Hinten: In Gold drei schwarze schreitende Löwen übereinander (das Wappen der staufischen Herzöge von Schwaben).
Der Hauptschild: 1: Teck’sche Rauten. 2: In Gold eine rote dreilatzige Kirchenfahne (Pfalzgrafen von Tübingen). 3: In Silber eine goldene Mitra (Insul) (Wappen der Fürstpropstei Ellwangen). 4: Mömpelgard. 5. Reichssturmfahne. 6: Herrschaft Justingen. 7: Limpurg. 8: Herrschaft Heidenheim. 9: In Rot ein silberner liegender Halbmond (Herrschaft Bönnigheim). 10: geteilt: oben in Rot ein goldenes Kreuz, unten: in Gold eine silberne Schwurhand (Wappen der Reichsstadt Schwäbisch Hall). 11: geteilt: oben in Gold ein schwarzer Adler (für die Reichsstädte), unten: Silber unter einem blauen Schildhaupt (ein sog. Warteschild für die eventuell noch zu erwartenden territorialen Zuwächse). Wie auf fast allen Siegeln kann man die Tinkturen (Farben und Metalle) des Wappens auch hier nicht sehen. In das Wappen des Königreichs Württemberg wurden die Wappen der infolge der Mediatisierung und Säkularisation an Württemberg gelangten Herrschaften (u. a. Reichsstädte wie Schwäbisch Hall, Fürstpropstei Ellwangen) aufgenommen. Da dieses Wappen zu viele Felder aufwies und daher verständlicherweise zu kompliziert war, wurde unter König Wilhelm I. im Jahre 1817 ein neues Wappen für das Königreich Württemberg eingeführt.
Dieses neue Staatswappen des Königreichs Württemberg wurde aus dem Herzschild des vorher gebräuchlichen Wappens des Königreichs Württemberg abgeleitet. Die Blasonierung lautet: Im gespaltenen Schild vorne (heraldisch rechts bzw. links vom Beschauer aus gesehen): In Gold drei schwarze liegende Hirschstangen (Stammwappen des Hauses Württemberg), hinten (heraldisch links bzw. rechts vom Beschauer aus gesehen): In Gold drei schwarze schreitende Löwen übereinander (Wappen der staufischen Herzöge von Schwaben). Die Tinkturen (Farben und Metalle) des Wappens sind auch hier nicht erkennbar. Entgegen den heraldischen Grundregeln, wonach Metalle (Gold und Silber) nicht an Metalle grenzen dürfen, finden sich in diesem Wappenschild des Königreichs zwei Felder mit Gold als Schildgrund, die aneinanderstoßen. Diese Verletzung der heraldischen Grundregel wurde bei der Wahl des Wappens billigend in Kauf genommen. Das Staatswappen des Königreichs war bis zum Ende der Monarchie 1918 in Gebrauch.