Archivgeschichte
Die beiden Archive der bis Anfang 1850 selbstständigen Fürstentümer Hohenzollern-Hechingen und Hohenzollern-Sigmaringen bildeten den historischen Kern des Staatsarchivs Sigmaringen. In beiden Fällen handelte es sich um Auslesearchive, in die in den 1840er Jahren auch vereinzelte Behördenarchive integriert wurden. Mit der Abtretung der Souveränitätsrechte an Preußen durch den Staatsvertrag vom 7. Dezember 1849 wurden diejenigen Archivalien, welche die Hoheitsrechte und Regierungsgewalt betrafen, an den preußischen Staat übergeben, der in Sigmaringen ein eigenes Staatsarchiv einrichtete, die übrigen gelangten in ein Fürstlich Hohenzollernsches Haus- und Domänenarchiv. Die Aufteilung der Bestände, die sich bis 1864 hinzog, und die damit verbundene Ordnung nach einem neuen Archivplan zerstörten die bisherigen verwaltungsmäßigen und historischen Zusammenhänge.
Während das Fürstlich Hohenzollernsche Haus- und Domänenarchiv hauptamtlich besetzt wurde, führte das preußische Staatsarchiv Sigmaringen ein Schattendasein. Erst 1938 wurde es hauptamtlich besetzt. Bis 1945 war es für den preußischen Regierungsbezirk Sigmaringen zuständig. 1945-1952 war es das Staatsarchivs des neugebildeten Landes Württemberg-Hohenzollern, zuständig für dessen Ministerien, die 17 Landkreise sowie die übrigen Behörden und Gerichte des Landes. Nach der Bildung Baden-Württembergs wurde es zum Staatsarchiv für die Behörden und Gerichte im Regierungsbezirk Südwürttemberg-Hohenzollern/Tübingen. Die Gebiets- und Verwaltungsreform 1973 veränderte den Regierungsbezirk Tübingen und damit den Sigmaringer Archivsprengel beträchtlich. Während der alte Stadt- und Landkreis Ulm sowie Teile der Altkreise Überlingen und Stockach neu hinzukamen, wurden die Landkreise Calw, Freudenstadt, Rottweil und Tuttlingen sowie Teile der Altkreise Horb und Hechingen abgetrennt. Die regionale Zuständigkeit im Bereich der Justiz blieb unverändert.
Nach einer umfassenden Beständebereinigung mit dem Staatsarchiv Ludwigsburg zwischen 1958 und 1977 verwahrte das Staatsarchiv Sigmaringen die überwiegende Mehrzahl des im südlichen Württemberg im 19. und 20. Jahrhundert auf der unteren Verwaltungsebene entstandenen Behördenschriftguts.
Als Deposita kamen nach 1945 unter anderem das Stadtarchiv Sigmaringen, das Fürstlich Thurn und Taxissche Archiv Obermarchtal und die Schenk von Stauffenbergischen Archive ins Staatsarchiv Sigmaringen; 1978 wurde auch das Fürstlich Hohenzollernsche Haus- und Domänenarchiv hinterlegt, so dass die hohenzollerischen Archive wieder unter einem Dach vereinigt sind.
Nachdem das Staatsarchiv zeitweise auf mehrere Gebäude in und um Sigmaringen verteilt gewesen war, erhielt es 1994 mit dem Einzug in den grundlegend umgebauten Sigmaringer Prinzenbau einen modernen Archivzweckbau. Infolge der Verwaltungsreform wurde das Staatsarchiv Sigmaringen am 1. Januar 2005 eine Abteilung des Landesarchivs Baden-Württemberg.
Literaturhinweise zur Archivgeschichte
- Volker Trugenberger: Vom preußischen Regierungsarchiv zur Abteilung des Landesarchivs Baden-Württemberg. Geschichte des Staatsarchivs Sigmaringen. In: „Auch das rein Geschichtliche muss für den Staat von Bedeutung sein“. Historische Schätze aus dem Staatsarchiv Sigmaringen. Begleitband zur Ausstellung des Landesarchivs Baden-Württemberg, Staatsarchiv Sigmaringen, aus Anlass des 150-jährigen Jubiläums des Staatsarchivs Sigmaringen. Hg. von Volker Trugenberger. Stuttgart 2015. S. 11–63.
- Volker Trugenberger: Wichtige Schrifften ... wie Mist vermenget. Die Archive der hohenzollerischen Fürstentümer im 18. und 19. Jahrhundert. In: Umbruch und Aufbruch. Das Archivwesen nach 1800 in Süddeutschland und im Rheinland. Tagung zum 200-jährigen Bestehen des Generallandesarchivs Karlsruhe am 18./19. September 2003 in Karlsruhe. Hg. von Volker Rödel. Stuttgart 2005 (Werkhefte der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg Serie A Heft 20). S. 175-197.
- Volker Trugenberger: Die Adaption denkmalgeschützter Gebäude für Archivzwecke. Erfahrungen der baden-württembergischen Archivverwaltung bei der Unterbringung der Staatsarchive Ludwigsburg, Sigmaringen und Wertheim. In: Württembergisch Franken 86 (2002) S. 639–682.
- Jürgen Treffeisen: Das Staatsarchiv Sigmaringen als Archiv des Landes Wurttemberg-Hohenzollern (1945–1952). In: Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte 34 (1998) S. 309–327.
- Albrecht Ernst (Bearb.): Staatsarchiv Sigmaringen. Geschichte – Bestände – Aufgaben. Sigmaringen 1994.
- Maren Kuhn-Rehfus: Geschichte und Aufgaben des Staatsarchivs Sigmaringen. In: Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte 30/31 (1994/95) S. 361–372.
- Wilfried Schöntag: Vom Schatzarchiv zum Staatsarchiv. Das Werden des Staatsarchivs Sigmaringen. In: Beiträge zur Landeskunde 1981/2, S. 1–8.
- Fürstlich Hohenzollernsches Haus- und Domänenarchiv Sigmaringen. Zur Erinnerung an die Errichtung des Archivgebäudes im Jahre 1873. Mit Beiträgen von Walter Bernhardt, Rudolf Seigel und Hansmartin Decker- Hauff. Sigmaringen 1973 (Sonderdruck aus: Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte 9 [1973]).
- Hundert Jahre Staatsarchiv und Fürstliches Archiv Sigmaringen. In: Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte 1 (1965) S. 241–253.
- Franz Herberhold: Die Bildung der Sigmaringer Archive. Ein Beitrag zur Archivkunde des 19. Jahrhunderts. In: Archivalische Zeitschrift 50/51 (1955) S. 71–90.