Der Tod lauert im Leberwurstbrot
Ein zünftiges Vesper steht am 8. Februar 1819 auf dem Tisch der Sartoris in Fachsenfeld. Frisches Bauernbrot und Leberwurst soll es geben. Zwei Brote schmiert Elisabetha Magdalena Sartori an diesem Abend. Eines für sich und eines für ihren Ehemann, den kürzlich pensionierten Schulmeister Carl Ludwig Sartori. Mit einem zufriedenen Lächeln reicht Elisabetha Magdalena das Brot ihrem Gatten über den Tisch. Dieser bedankt sich mit diesem besonderen Blick, den er ihr immer schenkt, wenn sie ihm eine große Freude macht.
Mit Genuss beißt Carl Ludwig zu, unterm Tisch schleckt sich die Hauskatze zufrieden die Schnurrhaare - denn auch sie wurde nicht vergessen und bekam die Wurstzipfele. Elisabetha Magdalena ist glücklich und vergisst darüber ganz, ihrem Mann von der Herkunft der feinen Wurst zu erzählen.
Denn die Leberwurst hatte sie nicht auf dem Markt gekauft. Am Abend zuvor hatte sie ein kleines Mädchen vorbei gebracht. Gemeinsam mit einem Stück Schweinefleisch lag die Leberwurst in einem Päckchen, das die Kleine mit den Worten "ihre Ahne habe es von Aalen heraus" abgegeben hatte. Elisabetha Magdalena konnte sich nicht vorstellen, dass ihr dieses unschuldige Mädchen etwas Böses wolle und nahm das Geschenk an.
Die dick beschmierten Brote sind schnell verschlungen. Mit Sodbrennen hatten die Sartoris vielleicht gerechnet, schließlich war der Magen ein solch fettiges Abendbrot nicht gewohnt. Aber mit einem derartigen Magengrimmen, welches das Ehepaar kurze Zeit nach dem Abendbrot heimsucht, hatten sie nicht gerechnet. Carl Ludwig erwischt es schlimm - Magenschmerzen, Erbrechen und Durchfall zugleich lassen ihn immer schwächer werden. Auch seiner Frau geht es schlecht - und selbst die Hauskatze kann die Wurstzipfele nicht bei sich behalten. Elisabetha Magdalena ruft nach dem Aalener Oberamtsarzt Dr. Brotbeck. Doch dieser liegt selbst mit einer schlimmen Krankheit im Bett und schickt den Stadtarzt Dr. Bösbier nach Fachsenfeld. Doch dieser kann Carl Ludwig Sartori nicht mehr helfen. Der Schulmeister war bereits bei seinem Eintreffen verstorben. Elisabetha Magdalena wurde von schweren Krämpfen heimgesucht, doch in Lebensgefahr schwebte sie an diesem Abend noch nicht.
Bösbier untersucht zugleich die Leiche Carl Ludwigs. Der Arzt hat einen ersten Verdacht. War der pensionierte Schulmeister etwa vergiftet worden? An Ort und Stelle obduziert er die Leiche und sieht seinen Verdacht bestätigt: Carl Ludwig Sartori starb an einer Überdosis Arsen. 168 Gramm wurden in seinem Körper gefunden - bereits acht Gramm Arsen bedeuten für einen Menschen den Tod.
Sogleich wird Elisabetha Magdalena vernommen. Und sie erzählt den Ermittlern von dem "mit Schnüren umwundenen und petschierten Päckle" mit der Leberwurst und dem Fleisch drin, das am Sonntagabend das junge Mädchen abgegeben habe.
Das Mädchen ist schnell ausfindig gemacht. Barbara Hägler, die Tocher des "Katzen-Hägler" aus Treppach, hatte den Sartoris das Päckchen übergeben. Sie gibt unumwunden zu, das Paket von einem fremden Mann angenommen zu haben. Dieser habe sie beauftragt, das Päckle dem Verwalter Sartori "durchs Fenster hineinzugeben". Ein Apfel sei ihr Lohn gewesen - allerdings habe sie diesen weggeworfen, er habe so schwarz ausgesehen. Beschreiben könne sie den Unbekannten nicht, würde sie ihm aber gegenüberstehen, so sei sie sich sicher, ihn wieder zu erkennen, ließ das Mädchen die Ermittler wissen.
Der Aalener Oberamtmann zögert nicht lange und lässt sogleich nach dem Schullehrer Johann Jacob Riesenmann schicken. Was die Ermittler zu diesem Zeitpunkt nicht wussten: Riesenmann war bei seinem Amtsantritt dazu verpflichtet worden, seinem Amtsvorgänger - sprich dem Schulmeister Carl Ludwig Sartori - eine lebenslange Pension zu zahlen. Riesenmann ist ob des Verdachts entsetzt, bestreitet die Tat vehement. Und zunächst finden die Ermittler keine Beweise für die Tat.
Die Giftbücher sämtlicher Apotheken in der Umgebung werden unter die Lupe genommen - nirgends wurde Arsen an einen Johann Jacob Riesenmann abgegeben.
Dann aber erzählen Nachbarn den Ermittlern, wenige Tage zuvor habe Riesenmann einen Ausflug zu seinem Schwager nach Heidenheim gemacht, auch in Heubach soll er vorbeigekommen sein. Und siehe da! Sowohl in Heidenheim als auch in Heubach hat Riesenmann Arsen gekauft. So ist es in den Giftbüchern der Apotheken notiert.
Das Urteil ist schnell gesprochen: Riesenmann soll mit dem Schwert hingerichtet werden - und seine Frau ebenso. Sie war ihrem Gatten beim Herstellen der tödlichen Leberwurst zur Hand gegangen. Als Tochter eines Metzgermeisters war ihr die Rezeptur geläufig, in die das Ehepaar das tödliche Pulver mischte.
Der Artikel wurde am 13. August 2005 in der Ludwigsburger Kreiszeitung veröffentlicht. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung der LKZ.
Akteneinsicht
Die Akte kann im Staatsarchiv Ludwigsburg unter der Signatur E 341 Bü 92 bestellt und eingesehen werden. Der Lesesaal ist unter der Telefonnummer 07141/18-6337 erreichbar.