I. Warum – Marum
Warum musste ein überaus talentierter und weltgewandter Politiker, ein freigeistiger und zudem sehr geselliger Mensch und ein durchaus großzügiger Vater wie Ludwig Marum bereits zu Beginn des nationalsozialistischen Terror-Regimes sterben? Ein Blick auf Marums bewegtes Leben kann seinen Tod in einer verbrecherischen Zeit erklären helfen. Seine Familie und sein Glaube, seine Karriere als Anwalt und als überzeugter Politiker, sowie die Umstände seiner Verhaftung und seines Todes machen deutlich, dass Ludwig Marum als echter "Überzeugungstäter" bis heute Vorbild sein kann.
Ludwig Marum, in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen, schafft dank seiner Intelligenz und seines Eifers den Karrieresprung in die Politik. Als Jurist wie auch als Landtags- und Reichstagsabgeordneter gilt er als liberaler Verfechter der jungen Weimarer Republik und vor allem auch als Anwalt der Schwächeren. Selbst als Angehöriger einer oft diskriminierten Minderheit, als Jude geboren, wendet er sich zwar von dieser Religion ab, um einer freikirchlichen Gruppierung beizutreten, bleibt er aber dennoch harter Gegner aller antisemitischen Strömungen und stets den eigenen Wurzeln im Judentum treu.
In seiner Partei, der badischen SPD und im Arbeitersängerverein erfuhr er besondere Wertschätzung, weil er sich durch Fleiß, Disziplin und auch ein gutes Maß an Geradlinigkeit auszeichnete. Gerade diese Tugenden und sein steter Glaube an Recht und Gesetz sollten ihn früh das Leben kosten. Selbst die demütigende Schaufahrt nach seiner Verhaftung durch Karlsruhes Innenstadt konnte seine Überzeugung nicht erschüttern, auch unter den Nationalsozialisten einen fairen Prozess zu bekommen. Doch am 29. März 1934, schon ein Jahr nach Hitlers "Machtergreifung" in Berlin, waren die Mörder Marums in der Provinz - im Konzentrationslager Kislau - auf Hitlers verbrecherisches System eingeschworen. Sie machten mit dem Juristen und ehemaligen badischen Justizminister im grausamsten Wortsinn "kurzen Prozess".