XVII. Der Mord
Als einige Tage vor Ostern 1934 der Lagerkommandant Franz Konstantin Mohr seinen Urlaub antrat, hatte sein Vertreter Karl Sauer, ein ehemaliger Zuhälter, freie Bahn.
Kurz nach Übernahme der Lagerleitung verfügte er, dass Marums Essensrationen gestrichen wurden, da dieser angeblich unerlaubt geraucht habe. Post und Pakete durfte Marum nicht mehr empfangen: Der Kontakt zu seiner Familie war abgebrochen.
Der Versuch eines Mitgefangenen, Marum etwas Brot zu geben, wurde zum Anlass genommen, Marum in Einzelhaft zu stecken.
Sauer scheint den Mord nur geplant zu haben. Der eigentlichen Ablauf, kann heute nur durch die Aussagen seiner Mörder im Gerichtsverfahren 1948 rekonstruiert werden: Am Tage vor Marums Ermordung musste ein Mitgefangener einen Stuhl in die Zelle bringen und ihn unter einem Haken der wohl auch extra für Marums Ermordung eingeschlagen worden war, aufstellen.
In der Nacht zum 29. März 1934 stürmten dann vermutlich die beiden Mörder Marums Zelle und erwürgten diesen, wahrscheinlich im Schlaf. Anschließend hängten sie ihn an den Haken, um einen Selbstmord vorzutäuschen. Ein unabhängiger Arzt, der Marum kurz vor dessen Beerdigung noch mal heimlich untersuchte, bestätigte das von der Familie Vermutete: deutlich sichtbare Würgemale am Hals. Daraus folgerte der Arzt, dass Marum erwürgt worden war.
Ungeklärt ist bis heute, ob - und wenn, von wem - der Mord an Marum befohlen wurde oder ob sonst willfährige Erfüllungsgehilfen dem Ungeist des Nationalsozialismus folgend selbständig handelten.
Die anschließende Beisetzung in Karlsruhe sollte eigentlich geheim gehalten werden, doch auf Druck der Familie wurde das Datum bekannt. Über 3.000 Personen sollen sich auf dem Friedhof eingefunden und Ludwig Marum die letzte Ehre erwiesen haben.