Kapitel 3. Die Beteiligung an der Macht
Bereits mit ihren ersten Tagungen sollten die Vertreter der Landschaft in den württembergischen Landesteilen politische Mitsprache fordern und erhalten. Die Landstände erwerben Mitspracherechte über Krieg und Frieden sowie ein Widerstandsrecht gegenüber dem Landesherrn im Falle des Vertragsbruchs. Auch erste Ansätze zum Recht auf Steuerbewilligung werden bereits greifbar.
Die eingeforderte Verpflichtung des Grafen Ulrich, mit dem Rat der Landstände aus Ritterschaft, Prälaten und Landschaft zu regieren, sollte jedoch zunächst nur sporadisch umgesetzt werden.
Die Äbte und Pröpste der württembergischen Männerklöster erscheinen ab 1481 regelmäßig auf den Landtagen und gewinnen ständig größeren Einfluss.
Höhepunkt dieser durchschlagenden landständischen Entwicklung in Württemberg sollte die eigenmächtige Absetzung des unfähigen Herzogs Eberhard II. im Jahr 1498 darstellen. Jetzt regiert mit Unterstützung des Kaisers eine landständische Regierung das Herzogtum Württemberg - eine einzigartige politische Konstellation
Nur wenige Jahre, bis zur vorgezogenen Volljährigkeit Herzog Ulrichs 1503, dauerte das landständische Intermezzo. Der junge, selbstherrliche Herzog beschränkte die Beteiligung der Landstände an seiner Regierung und forderte materielle Unterstützung zur Finanzierung seines prächtig ausgebauten Hofstaats ein. Der Fürstenhof in Stuttgart war wieder zentraler politischer Mittelpunkt der Herrschaft und des Landes.
HStAS A 37 U 1 a
"Tübinger Vertrag". 1514
Der Unmut in der breiten Landbevölkerung über immer wieder erhöhte Steuern hatte den Aufstand des "Armen Konrad" zur Folge.
Unter dem Druck der empörten Masse ließ sich Ulrich im "Tübinger Vertrag" von 1514 auf eine Regelung ein, welche nun gegen ein mehrjähriges Steuerprogramm einzelne "Grundrechte" für die württembergische Bevölkerung sicherte, wie die Mitsprache bei Kriegsangelegenheiten, bei Veräußerung von Landesteilen oder den freien Abzug.
Herzog Ulrich, der seine selbstherrliche und aggressive Politik auch gegenüber den benachbarten Herrschaften fortführte, wurde schließlich 1519 durch den Schwäbischen Bund aus Land und Herrschaft vertrieben.
Jetzt übernahm das Haus Habsburg kurzfristig das Regiment in Württemberg und ließ auch die hergebrachte landständische Mitsprache wieder zur Geltung kommen.
Nach der Rückkehr Ulrichs 1534 sollte sich die politische Situation nochmals grundlegend ändern: Ulrich führte umgehend die Reformation in seinem Land ein und ließ die Klöster als geistliche Institutionen aufheben.
Die politische Bedeutung der Landstände konzentrierte sich nun umso mehr auf die Vertreter der Landschaft, als sich der Adel der württembergischen Landstandschaft nun vollends entzog und die Prälaten jetzt als reformierte Vorsteher ihrer nunmehrigen Klosterämter entgegentreten sollten.
HStAS A 602 Nr. 303
"Münsinger Vertrag": die Grafen Eberhard d. Ä. (Graf Eberhard V. im Bart) und Eberhard II. (d. J.) vertragen sich über die Wiedervereinigung des Landes, 1482
HStAS A 602 Nr. 363
Testament Graf Eberhards im Bart, 1492
Typar Graf Eberhards im Bart (mit Siegelabguss) vor 1477.
Runder Bronzestempel.
HStAS J 230e Typare Nr.1 / J 231 b NC 64
HStAS A 602 Nr. 711
Der "Herzogsbrief" für Eberhard im Bart. 1495 Juli, Worms
Pergament, mit Majestätssiegel des Kaisers